„Meins oder/und Deins ?!“ – 2. Teil
Oftmals ist es sowohl für den Laien, als auch den Rechtsanwender alles andere als einfach zu beurteilen, welche Bestandteile eines Hauses dem Gemeinschaftseigentum oder Wohnungs-/Sondereigentum zuzuordnen sind. Da dies weitreichende Folgen sowohl für Nutzungsrechte, als auch für die Kostentragungslast hat, gibt eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25.10.2013 (Az.: V ZR 212/12) Anlass sich einen Überblick über diese praxisrelevante Thematik zu verschaffen. Dementsprechend wurde in einen Teil 1 (vgl. die Veröffentlichung des Verfassers vom 6. März 2014 auf dieser Website) zunächst die bestehenden Unterschiede zwischen Gemeinschaftseigentum, Sondereigentum und Teileigentum aufgezeigt und nunmehr in dem nachfolgenden Teil 2 hieraus folgende Benutzungsprobleme, unter besonderer Berücksichtigung der Sondernutzungsrechte, fokussiert.
1.) Die Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums
Der grundsätzliche Ausgangspunkt bei der Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums ist, dass jeder Wohnungseigentümer zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums berechtigt ist, wobei die im Gesetz und in der Gemeinschaftsordnung vorgegebenen Grenzen nicht überschritten werden dürfen. Im Einzelfall bestehen hier jedoch viele Unwägbarkeiten. So ist es beispielsweise nicht gestattet, dauerhaft Gegenstände im Treppenhaus abzustellen. In diesem Zusammenhang kann (und sollte) durch eine Hausordnung geregelt werden, dass das Abstellen von Schuhen und Ähnliches nicht gestattet ist. Bei der Benutzung einer Terrasse oder eines Gartens, an dem keine Sondernutzungsrechte eingeräumt sind, haben alle Wohnungseigentümer ein gleiches Recht zur Nutzung. Insbesondere haben Wohnungseigentümer mit einem größeren Miteigentumsanteil kein Vorrecht gegenüber Eigentümern mit kleineren Miteigentumsanteilen.
Ein besonderes Problem (und rechtlich höchst komplexes Thema !) im Zusammenhang mit der Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums ist die Frage, ob die Hauseingangstür verschlossen werden soll oder nicht (vgl. zu dieser Frage (vgl. die Veröffentlichung des Verfassers vom 15. Februar 2014 auf dieser Website).
2.) Die Nutzung des Sondereigentums
a) Verhältnis Sondereigentum ./. Gemeinschaftsordnung
Jeder Wohnungseigentümer kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegen stehen, mit dem in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben verfahren, insbesondere diese bewohnen, vermieten oder in sonstiger Weise benutzen. In welcher Weise das Sondereigentum in concreto genutzt werden darf, ergibt sich aus dem Gesetz und der Gemeinschaftsordnung. Soweit nicht unabdingbare gesetzliche Vorschriften betroffen sind, geht die Gemeinschaftsordnung stets den gesetzlichen Regeln vor. Besteht dementsprechend ein Widerspruch zwischen den gesetzlichen Regeln und der Gemeinschaftsordnung, geht die Gemeinschaftsordnung vor.
Soweit in Gemeinschaftsordnungen bestimmt ist, dass eine andere Nutzung, als die in der Gemeinschaftsordnung vorgeschriebene, nur mit Zustimmung des Verwalters zulässig ist, so werden derartige Regelungen nach der ganz überwiegenden Rechtsprechung nicht anerkannt. Vielmehr bedarf es in diesem Fall neben der Zustimmung des Verwalters, stets noch der Zustimmung aller Wohnungseigentümer, wenn die Nutzung nach dem Gesetz nur im Einverständnis aller erfolgen darf.
Wurde eine an sich unzulässige Benutzungsart lange Zeit unwidersprochen praktiziert, so kann ein darauf gerichteter Unterlassungsanspruch durch Zeitablauf verjährt sein. Dies gilt auch für den Sonderrechtsnachfolger. Hierbei beträgt heute die (regelmäßige) Verjährungsfrist drei Jahre. Diese Frist beginnt mit der Kenntnis des Berechtigten oder seiner grobfahrlässigen Unkenntnis.
b) Die berufliche/gewerbliche Nutzung des Sondereigentums
Ein besonderes Problem stellt die Nutzung zur beruflichen oder gewerblichen Nutzung dar. Ein wichtiges Indiz für die Art der erlaubten Nutzung ist zunächst die Bezeichnung im Grundbuch. Wurden die Räumlichkeiten als „Wohnungseigentum“ bezeichnet, so spricht dies für eine Nutzung nur zur Wohnzwecken. Demgegenüber spricht die Bezeichnung „Teileigentum“ dafür, dass hier auch gewerbliche Räume wie Läden, Lagerräume, Werkstätten etc. betrieben werden können.
Findet sich in dem Grundbuch die Bezeichnung „gewerbliche Nutzung“ oder „Geschäftsraum“, so sind hiermit alle gesetzlich zulässigen gewerblichen oder vergleichbaren Nutzung gestattet. Findet sich dem gegenüber die Bezeichnung „Wohnen“ oder für „Wohnzwecke“, sind alle Nutzungen gestattet, welche die anderen Wohnungseigentümer nicht benachteiligen. Insoweit ist nicht ausgeschlossen, dass ein Wohnungseigentum oder ein Raum mit der Bezeichnung „Wohnen“ oder zu „Wohnzwecken“ beruflich oder gewerblich genutzt wird. Dementsprechend lässt sich dagegen nicht einwenden, wenn eine Eigentumswohnung als Arbeitsraum benutzt. Anders wird aber zu entscheiden sein, wenn in einem derartigen Raum Musikunterricht erteilt werden sollte. Das Gleiche gilt für Bordelle, weil die Verwendung einer Wohnung für Zwecke der Prostitution sowohl den Kaufpreis, als auch den Mietwert der anderen Wohnungen mindert. Unklar ist es demgegenüber, ob eine Verwendung der „Wohnung“ als Architekturpraxis oder Steuerbüro noch statthaft ist. Hier ist entscheidend darauf abzustellen, wie hoch die Kundenfrequenz und damit die Beeinträchtigung der übrigen Miteigentümer sein wird.
Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass Beschränkungen der beruflichen Nutzung durch die Gemeinschaftsordnung stets einzuhalten sind. Diesbezüglich ist eine Änderung durch Mehrheitsbeschluss nicht möglich.
c) „Umwandlung“ von Räumen
Bei Nebenräumen, die zum Wohnungseigentum gehören, ist der Gebrauch als Wohnraum unzulässig, wenn diese nach der Bezeichnung als Keller, Speicher oder ähnliches nicht zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Dementsprechend soll eine Umwandlung von Kellerräumen in Wohnräume unstatthaft sein, wohl aber – je nach Lage des Einzelfalles- die Umwandlung als Hobbyraum.
Zu berücksichtigen, dass auch Teileigentum nicht für jedwede beliebige gewerbliche Zwecke verwendet werden darf. Dementsprechend wurde judiziert, dass eine im Grundbuch als „Laden“ bezeichnete Räumlichkeit zu anderen, als Verkaufszwecken benutzt wird. Damit wäre es beispielsweise unstatthaft einen „Laden“ in ein Tanzcafé oder in eine Bierbar umzuwandeln.
d) Vermietung, Tierhaltung und Musizieren
Dass der Wohnungseigentümer berechtigt ist, sein Wohnungseigentum zu vermieten, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Gleiches gilt die Frage, ob er zur Tierhaltung grundsätzlich berechtigt ist. Anders ist es jedoch, wenn die Art und Weise der Tierhaltung eine unzumutbare Belastung der Bewohner darstellt, wie beispielsweise das Halten von mehr als vier Hunden oder zehn Ratten. Möglich ist es indes, dass durch Vereinbarung sämtlicher Miteigentümer ein Verbot der Tierhaltung in die Gemeinschaftsordnung aufgenommen oder die Haltung von Haustieren von der Genehmigung des Verwalters abhängig gemacht wird. Indes ist ein gänzliches Verbot der Haustierhaltung durch Beschluss nicht möglich. Insoweit wurde judiziert, dass das Halten von Zierfischen in Aquarien stets möglich sein muss. Ob ein generelles Verbot der Haltung von Tieren oder Katzen möglich ist, wird dem gegenüber in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt, sodass hierüber keinerlei Rechtsicherheit besteht.
Was das Musizieren betrifft, so sind Regelungen über das Verbot des Musizieren zu bestimmten Tageszeiten durchaus möglich, wobei Berufsmusikern hier keinerlei Sonderechte zukommen.
3.) Sondernutzungsrechte
Sondernutzungsrechte sind gesetzlich nicht normierte Nutzungsrechte. Fast immer beziehen sie sich auf das gemeinschaftliche Eigentum, auf eine Grundstücksfläche, einem Gebäudebestandteil oder einen Raum. Möglich ist aber auch, das Nutzungsrechte an einem fremden Grundstück begründet werden, wenn die Eigentümergemeinschaft hieran im Ganzen ein Recht erhält. Die Sondernutzungsrechte begründen damit kein Sondereigentum, sie wirken aber durch die Grundbucheintragung gegenüber allen Eigentümern (vgl. § 5 Abs. 4 und § 10 Abs. 2 WEG), stehen also, wenn auch nicht rechtlich, so doch praktisch dem Sondereigentum nahe. Hierbei bestehen zwei Komponenten:
Zunächst besteht eine negative Komponente, weil die anderen Eigentümer von der Benutzung und dem Mitgebrauch ausgeschlossen sind. Eine positive Komponente besteht insoweit, dass einem oder auch mehreren Eigentümer die Alleinbenutzung und der Alleingebrauch an dem Eigentum gestattet wird.
Sondernutzungsrechte können nur einem Wohnungseigentümer, nicht aber einen Nichteigentümer eingeräumt werden. Die Sondernutzungsrechte müssen hierbei nicht zwingend über das gemeinschaftliche Eigentum zugänglich sein, ein Zugang über das Sondereigentum genügt hierbei völlig. Selbstverständlich kann in diesem Zusammenhang auch vereinbart werden, dass die im Sondernutzungsrecht zustehenden Flächen auch von anderen Eigentümer zu bestimmten Zwecken betreten werden dürfen (bspw. Zugangswege). Die Begründung eines Sondernutzungsrecht bedarf stets einer Vereinbarung oder eines wirksamen Beschlusses der Eigentümergemeinschaft. Ganz überwiegend werden Sondernutzungsrechte indes schon vom Bauherren in der mit der Teilungserklä- rung verbundenen Gemeinschaftsordnung begründet. Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner weiteren Ausführung, dass die nachträglich Begründung neuer Sondernutzungsrechte grundsätzlich der Zustimmung aller Wohnungseigentümer und ihrer Grundrechtsgläubiger (!) Bedarf, weil hierdurch das gesamte gemeinschaftliche Eigentum betroffen wird.
Die Aufhebung eines Sondernutzungsrecht bedarf dem gegenüber grundsätzlich eines Vertrages gemäß § 10 Abs. 1 und Abs. 2 WEG und jedenfalls der Zustimmung der Grundrechtsgläubiger der betroffenen Wohnung.
Die Sondernutzungsrechte werden in der Regel nur zur bestimmten Nutzungsarten ermächtigen. Ist das Sondernutzungsrecht auf einer bestimmten Nutzungsart beschränkt, so darf der Berechtigte eine Nutzung nur vornehmen, soweit es die anderen Wohnungseigentümer nicht mehr beeinträchtigt, als die vorgesehenen Nutzungsart. Eine irgendwie geartete Bebauung ist dem Berechtigten nicht gestattet. Die selbst dann nicht, wenn er nach einer Vereinbarung mit der ihm eingeräumten Fläche „wie mit Sondereigentum“ verfahren darf.
In dem vorstehenden Zusammenhang wurde speziell für einen PKW Abstellplatz entschieden, dass der Berechtigte diesbezüglich keinen Car-Port errichten oder Absperrpfähle anbringen darf. Ebenso wenig berechtigt das Nutzungsrecht an einem Garten zur Errichtung eines Gartenhaus oder dazu eine Bepflanzung mit Bäumen oder Sträuchern vorzunehmen, wenn es die anderen Eigentümer beeinträchtigt. Spiegelbildlich bedarf es bei dem Fällen eines Baumes selbstverständlicher der Zustimmung aller Eigentümer.
Es bedarf keiner Ausführung, dass die Ausübung des Sondernutzungsrecht auch an Dritte überlassen werden kann, wie beispielsweise Mieter, Kunden oder Besucher. Dies ist ebenso selbstverständlich der Fall bei Stellplätzen, die einem bestimmten Laden zugeordnet sind.
Was die Instandhaltung und Instandsetzungspflicht betrifft, so obliegt dies grundsätzlich der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Gemeinschaftsordnung kann jedoch diese Pflichten den Inhaber des Sondernutzungsrecht auferlegen.
Praxishinweis
Um die Zahlreichen Probleme und Unwägbarkeiten einzuschränken, ist den Wohnungseigentümern zu empfehlen Haus und Benutzungsordnungen zu beschließen, welche eine Zusammenfassung von Verwaltungs- und Gebrauchsreglungen enthalten. Auf diese Weise kann Rechtsicherheit hergestellt und Streitigkeiten zwischen den Wohnungseigentü- mern vermieden werden. In diesem Zusammenhang ist von herausragender Bedeutung, dass die Wohnungseigentümer, welche Wohnraum vermieten, in jedem Fall bei Abschluss der Mietverträge die Mieter in die jeweiligen Haus und Benutzungsordnungen einbinden. Andernfalls befindet sich der Wohnungseigentümer, welcher seinen Wohnungseigentum vermietet, in einer rechtlich nahezu ausweglosen Situation, da er einerseits gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft verpflichtet ist für die Einhaltung der Haus und Benutzungsordnung durch seine Mieter zu sorgen, andererseits diesbezüglich keine rechtliche Handhabe hat. Ein Formulierungsvorschlag hierfür lautet wie folgt:
„Die Hausordnung der Eigentümergemeinschaft XX-Straße ist Bestandteil dieses Mietvertrages und vom Mieter einzuhalten.“
Zu empfehlen ist des Weiteren, dass die Hausordnung mit dem Mietvertrag sodann fest verbunden wird.