LAG Nürnberg:  Schmerzengeldanspruch bei „Mobbing“

LAG Nürnberg: Schmerzengeldanspruch bei „Mobbing“

15. Dezember 2006 | Arbeitsrecht | von Prof. Dr. Ralf Stark

Das Landesarbeitsgericht Nürnberg schafft Rechtsklarheit, ob und unter welchen Umständen „Mobbing-Handlungen“ des Arbeitgebers zu einen Anspruch des betroffenen Arbeitnehmers auf Schmerzensgeld führen können.

In dem zugrundeliegenden Fall forderte der Arbeitnehmer, welcher als LKW-Fahrer eingestellt wurde, die Zahlung von Schmerzensgeld i.H.v. 8.000,- €. Seinen Anspruch begründete er damit, dass der Arbeitgeber ihm gegenüber „Mobbing-Handlungen“ vorgenommen habe. Hierzu führte er u.a. aus, dass der Arbeitgeber ihm kurz nach Arbeitsantritt erklärte, dass er „anständig fahre müsse; sollte er einen Unfall verursachen oder auch nur einen Kratzer oder ein Rücklicht beschädigen, müsse er mit Konsequenzen rechnen, auch mit der Entlassung.“ Zudem habe ihn der Arbeitgeber ständig kritisiert. Mal reklamierte er ein zu schnelles, mal ein zu langsames fahren. Ferner habe ihm der Arbeitgeber verboten im LKW zu rauchen, obwohl er starker Raucher sei, sodass er nur zwei bis dreimal in den Pausen rauchen konnte. Schließlich habe der Arbeitgeber ihm verboten während der Arbeitszeit mit seiner Frau zu telefonieren, obwohl sie gesundheitlich angeschlagen sei. Er, der Arbeitnehmer, sei schließlich nicht im Urlaub, sondern in der Arbeit. Des Weiteren habe der Arbeitgeber auf die Frage nach Pausen- und Lenkzeiten erklärt, dass es weder Pausen noch die Einhaltung von Lenkzeiten gebe und ihm die Einhaltung der Lenkzeiten und Pausen untersagt. Schlussendlich habe der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gegenüber geäußert, er fahre wie ein Schwein und er dürfe niemandem sagen, dass er LKW-Fahrer sei, da er keine Ahnung von diesem Job habe. Dies alles führte dazu, dass der Arbeitnehmer kaum habe schlafen können und starke Beruhigungsmittel nehmen musste. Hierdurch bedingt seien vegetative Erregungs- und Erschöpfungszustände mit Herzrhytmusstörungen sowie weitere im Einzelnen aufgeführte Gesundheitsbeschädigungen entstanden.

Das Landesarbeitsgericht vertrat die Ansicht, dass die vorgetragenen Handlungen und Äußerungen des Arbeitgebers, welche die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers bemängeln und die Ankündigung von Konsequenzen für Fehlleistungen beinhalten, keinen Schmerzensgeldanspruch begründen. Die Aussage, der Arbeitnehmer fahre den LKW wie ein „Schwein“, stelle wegen fehlendem, zielgerichteten Angriffs auf die Person des Klägers noch keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts dar und begründe auch keine Verpflichtung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes.

Im Übrigen stellte das Landesarbeitgericht klar, dass der Arbeitgeber das Recht habe, dem Arbeitnehmer darauf hinzuweisen, dass bei einer Eigentumsbeschädigung eine Kündigung zu erwarten sei. Ebenso sei das Bemängeln der Fahrweise hinzunehmen. Ferner sei sowohl das Rauchverbot, als auch das Verbot, Telefongespräche während der Arbeitszeit zu führen, vom Weisungsrecht des Arbeitgebers gedeckt und können somit nicht als eine unbillige Härte empfunden werden. Ausnahmen wegen privater Umstände seien vom Gesetz nicht vorgesehen.

Zusammenfassend stellte das Landesarbeitsgericht fest, dass ein Arbeitgeber nicht damit zu rechnen habe, dass sein Verhalten gegenüber dem Arbeitnehmer Auswirkungen auf dessen Gesundheit haben könnte. Im Gegenteil, könne er erwarten, dass der Arbeitnehmer in der Lage ist, Kritik zu ertragen, sodass keinerlei Schmerzensgeldansprüche gerechtfertig seien.

Praxishinweis:
Mit der Entscheidung des Landesarbeitsgericht festigt sich nochmals die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte, wonach cholerische Ausbrüche, mangelnde soziale Kompetenz und ein unangemessener Führungsstil nicht automatisch mit „Mobbing“ gleichzusetzen ist, sodass die Hürde für Schmerzensgeldansprüche aus „Mobbing-Handlungen“ nach wie vor sehr hoch liegt.

Link zum Thema:

Nach oben