Verlust des Maklerprovisionsanspruchs bei Abweichungen der Kaufsache, des Kaufpreises oder Austausch der Vertragspartner – 1. Teil
Der Makler sieht sich nicht selten mit Kunden konfrontiert, die eine Zahlung der Maklercourtage mit der Begründung verweigern, dass sie das Objekt zu einem gänzlich anderem als dem angebotenen Kaufpreis erworben haben. Alternativ tragen sie vor, es handele sich um ein völlig anderes Objekt, als es ihnen ursprünglich von dem Makler angeboten wurde. Gerne begründen Maklerkunden eine Zahlungsverweigerung auch damit, dass nicht sie selbst, sondern ein Dritter (meist der Ehepartner) das Objekt erworben habe. Derartige Einlassungen betreffen die (Rechts-)Frage der Kongruenz des Maklergeschäfts. Hierbei wird zwischen der sachlichen und der persönlichen Kongruenz unterschieden. Sachliche Kongruenz bedeutet, dass der tatsächlich abgeschlossene (Haupt-) Vertrag mit dem ursprünglich erstrebten (Haupt-)Vertrag identisch ist. Die Frage der persönlichen Kongruenz betrifft demgegenüber die Frage, ob die Vertragsparteien des tatsächlich abgeschlossenen (Haupt-) Vertrages mit den Parteien des ursprünglich beabsichtigten (Haupt-)Vertrages identisch sind. Der nachfolgende Beitrag beleuchtet in dieser Ausgabe in einem ersten Teil die Problematiken der sog. sachlichen Kongruenz und in der nächsten Ausgabe von RDM-Journal in einem zweiten Teil die Rechtsfragen der persönlichen Kongruenz.
1.Teil: Sachliche Kongruenz
Unwesentliche Abweichungen zwischen dem Hauptvertrag und dem Maklerauftrag lassen den Provisionsanspruch unberührt. Eine unwesentliche Abweichung liegt beispielsweise vor, wenn das verkaufte Objekt nur 99 qm anstatt 100 qm hat. Ob darüber hinaus eine Abweichung als wesentlich einzustufen ist, ist stets unter Zugrundelegung des Maklerauftrags zu beurteilen. Hierbei gilt:
Desto detaillierter der Maklerauftrag gefasst ist, um so eher wird eine spätere Abweichung als wesentlich eingestuft.
Detaillierter Maklerauftrag
Ein detaillierter Maklerauftrag liegt vor, wenn der Maklerkunde ganz konkrete Vorstellungen hat und diese dem Makler auch mitteilt, oder/und wenn der Maklervertrag von vornherein durch Fehlen von Zusätzen wie „ca.“, „Verhandlungsbasis“, „Höchstmiete“ oder „abhängig von den Verhandlungen“ einen konkreten Hauptvertrag vorgibt.
In diesen Fällen muss der Makler große Vorsicht walten lassen, wenn er dem Kunden ein Objekt verkaufen möchte, das nicht genau den Anforderungen des Kunden entspricht. Denn kauft oder mietet der Maklerkunde das Objekt, obwohl es nicht seinen ursprünglichen Vorstellungen entspricht, kann der Makler nicht ohne weiteres mit der Behauptung seinen Courtageanspruch durchsetzen, das Objekt habe dem Interessenten augenscheinlich doch gefallen. Da das Objekt von dem detaillierten Maklerauftrag abweicht, hat der Makler seinen Auftrag schlichtweg nicht erfüllt, so dass der Provisionsanspruch entfällt. Betreffend des dann verkauften „erfolgreichen“ Objekts, hatte der Makler indes keinen Auftrag, so dass er hierfür auch keinen Maklerlohn beanspruchen kann.
Dem Makler bleibt in einem solchen Fall nur der Ausweg über die Behauptung einer Vertragsänderung. In diesem Fall aber muss er darlegen (und beweisen !), dass mit dem Kunden der Maklervertrag dergestalt geändert wurde, dass nun auch das neue Objekt den Anforderungen entspricht. Rechtlich gesehen setzt dies jedoch ein Angebot des Maklers an den Kunden auf Änderung des ursprünglichen Vertrages voraus, welches durch den Kunden angenommen wurde. In der Praxis stellt sich jedoch das Problem, dass die Parteien darüber regelmäßig nicht ausdrücklich sprechen. Demnach kommt häufig nur eine konkludente Vertragsänderung, also durch schlüssiges Verhalten, in Betracht. Für eine solche reicht es aber nicht aus, dass der Maklerkunde die Maklerleistung weiterhin ausnutzt. Die Rechtssprechung (u.a. bereits BGH, NZM 1999, 1156, 1157) fordert vielmehr, dass
- sich das neue Geschäft schon während der Vertragsverhandlungen abzeichnete,
- der Maklerkunde die Dienste des Maklers trotzdem noch in Anspruch nimmt und dabei
- dem Provisionsanspruch des Maklers für den neuen Vertrag nicht ausdrücklich widerspricht.
Darüber hinaus müssen der Makler und/oder der Maklerkunde das (Erklärungs-) Bewusstsein haben, dass eine rechtsgeschäftliche Erklärung nötig ist bzw. dass mit dem Verhalten eine rechtsgeschäftlich relevante Willenserklärung abgegeben wird. Hieran fehlt es in der Regel, wenn der Makler davon ausgeht, dass das „neue“ Objekt bereits vom ursprünglichen Maklerauftrag erfasst ist. Ebenso wenn der Maklerkunde die Dienste des Maklers weiterhin in Anspruch nimmt, hierbei aber davon ausgehen durfte, dass der Makler (nunmehr) im Interesse des Verkäufers tätig wird.
Auf Seiten des Maklers besteht darüber hinaus die Gefahr, dass er sich mit besonders umfangreichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgestattet hat, wonach Nebenabreden nur schriftlich getroffen werden können. In diesem Fall ist eine konkludente Vertragsänderungen aber ausgeschlossen !
„Offener“ Maklerauftrag
Bei Makleraufträgen, die nur ungefähre Objektsvorstellungen enthalten, dürften sich die meisten Abweichungen hingegen als unwesentlich herausstellen, wenn man sie denn überhaupt als Abweichungen einordnen will. Aber auch bei diesen Makleraufträgen kann sich die Frage stellen, ob eine besonders augenfällige Abweichung nicht doch so wesentlich ist, dass der Hauptvertrag mit dem Maklerauftrag nicht mehr übereinstimmt. Eine Identität ist dann anzunehmen, wenn der Maklerkunde den beabsichtigten wirtschaftlichen Erfolg tatsächlich erlangt hat, d.h. wenn der Maklerauftrag und der Hauptvertrag wirtschaftlich gleichwertig sind (vgl. BGH, NZM 1999, 1156, 1157).
Schwierig zu beurteilen sind in diesem Zusammenhang insbesondere Abweichungen beim Kaufpreis, weil die Rechtsprechung hierzu sehr uneinheitlich und einzelfallbezogen judiziiert. Neben dem Inhalt des Maklervertrages (Nachweis- oder Vermittlungsmakler, Objektbeschreibung, Verwendungswunsch) kommt es auch auf den Grund für die Preisänderung an. Diesbezüglich bleibt nicht unberücksichtigt, dass das Herunterhandeln des Preises ein für Kaufverhandlungen typisches Geschehen ist, das erst durch die Nachweisleistung des Maklers ermöglicht wird. An dieser Stelle sei exemplarisch auf die nachfolgenden Einzelfälle der Rechtssprechung verwiesen, bei denen die wirtschaftliche Gleichwertigkeit verneint wurde:
- Nachgewiesener Kaufpreis 980 000 DM; Hauptvertragsschluss über 750 000 DM: Das OLG Bamberg (NJW-RR 1998, 565, 566) sah eine Abweichung von 23,5 % für erheblich und damit die Geschäfte nicht mehr für kongruent an, da in diesem Fall die Preisreduzierung auf Seiten des Verkäufers nicht dadurch zustande kam, dass Verhandlungen über den Kaufpreis stattgefunden hatten, sondern dass der Verkäufer seinen Entschluss, auszuwandern, nunmehr konkret umzusetzen begann.
- Maklervertrag über Mietpreis für eine renovierte Immobilie 12,50 DM/qm; tatsächlicher Mietvertrag über (dieselbe, aber) unrenovierte Immobile für 8,50 DM/qm: Das OLG Hamburg (Az.: 13 U 10/02 vom 30.04.2003) sah in dieser Abweichung von 32 % eine erhebliche Abweichung, die auch nicht dadurch, dass sie für den Maklerkunden günstiger war, zu einem Maklerlohnanspruch führen sollte.
- Maklerauftrag über bestimmtes Objekt mit einer Kaltmiete in Höhe von 1.120 DM; Hauptvertrag über genau das Objekt, jedoch mit einer Kaltmiete von 1.500 DM: Das LG Köln (WuM 1991, 114, 115) hat in diesem Fall, in dem der Makler dem Kunden ein ganz bestimmtes Objekt zu einem ganz bestimmten Preis angeboten hat, eine Kongruenz verneint, weil der Hauptvertrag zu Lasten des Maklerkunden um 33 % abwich.
Auch Abweichungen der Kaufsache, beispielsweise Größenabweichungen zwischen dem beabsichtigten und dem realisierten Hauptvertrag, können zum Entfallen des Provisionsanspruchs führen. Hierbei lassen sich ebenfalls keine pauschalen Angaben machen, sodass auch hier stets auf den Einzelfall abzustellen ist. Eine wirtschaftliche Gleichwertigkeit wurde beispielsweise verneint, als der Maklerauftrag über ein ganz bestimmtes Grundstück zustande kommen sollte, auf welchem die Errichtung eines Einkaufszentrum geplant war, der Hauptvertrag dann aber nur über die Hälfte des Grundstücks unter Abänderung der Bebauungspläne zustande kam (OLG Köln, Az.: 24 U 92/00 vom 16.01.2001). Nach einer Entscheidung des BGH (NJW-RR 1996, 113) kann eine wirtschaftliche Identität jedoch auch dann gegeben sein, wenn anstatt des ganzen Grundstücks nur die Hälfte als Miteigentümer erworben wird.
Zuletzt sei darauf hingewiesen, dass auch Abweichungen der Verträge in rechtlicher Hinsicht zu einem Ausschluss des Courtageanspruchs führen können. Namentlich handelt es sich hierbei um Fälle, in denen ein Makler beauftragt wird, ein ganz bestimmtes Rechtsgeschäft (z.B. Kauf) zu realisieren, der Hauptvertrag jedoch ein anderes Rechtsgeschäft (z.B. Miete) beinhaltet. Darüber hinaus sind noch viele weitere Fallkonstellation denkbar. Die Rechtssprechung verneint die wirtschaftlich Gleichwertigkeit beispielsweise auch dann wenn der Erwerb einer Doppelhaushälfte beabsichtigt war, der Käufer aber nur das Miteigentum an dem auf die Doppelhaushälfte entfallenden Anteil des Grundstück erwerben konnte (OLG Karlsruhe, NJW-RR 2003, 1695, 1696). Ebenso wenn der Kauf von drei Grundstücken (welche mit einem sie verbindenden Gebäude bebaut sind) beabsichtigt war, der Maklerkunde dann jedoch eine Beteiligung an einer Gesellschaft erwirbt, die nur über zwei der drei Grundstücke verfügen kann (OLG Hamburg, NZM 1999, 1158, 1159). Der BGH hat die wirtschaftliche Identität darüber hinaus auch für den Fall verneint, in dem ein lebenslanger Pachtvertrag beabsichtigt war, im Folgenden aber nur ein 5-jähriger Pachtvertrag zustande kam, der nur eine Verlängerungsoption von höchstens 7 Jahren enthielt (BGH, NJW-RR 1990, 1008).
Praxishinweis:
Zusammenfassend ist festzustellen, dass es zwar umfangreiche Judikatur zum Problem der sachlichen Kongruenz bei Maklergeschäften gibt, bei deren Übertragung auf ähnlich gelagerte Fälle jedoch größte Vorsicht geboten ist. Als „Faustformel“ kann sich der Makler merken: Abweichungen von ca. 20 % lassen den Provisionsanspruch nicht entfallen. Bei Abweichungen von 50 % lässt sich der Maklerprovisionsanspruch demgegenüber nicht mehr durchsetzen. Dazwischen liegt eine stark einzelfallbezogene „Grauzone“. In der Konsequenz dieser Rechtsprechung ist dem Makler zu empfehlen Angebote mit dem ausdrücklichen Hinweis zu erstellen, dass eine Parzellierung der Grundstücke möglich ist. Des weiteren sind möglichst detaillierte Makleraufträge zu vermeiden.