Kleiner als gedacht – Flächenabweichungen in Mietverträgen

Kleiner als gedacht – Flächenabweichungen in Mietverträgen

23. Dezember 2010 | Bau- u. Immobilienrecht | von Prof. Dr. Ralf Stark

Flächenabweichungen in Mietverträgen führen häufig zu gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Mietern und Vermietern. Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Rechtsprechung.

Ist die Wohnfläche im Mietvertrag vereinbart, gilt diese bis zum Nachweis der Unrichtigkeit. Bei einer Mieterhöhung oder bei der Abrechnung der Betriebskosten ist die tatsächliche Wohnfläche maßgebend. Lange Zeit streitig war, ob unrichtige Angaben der Wohnfläche im Mietvertrag bei einer Abweichung nach unten als Zusicherung oder als Mangel der Mietsache zu werten sind. Diesbezüglich stellte der Bundesgerichtshof zwischenzeitlich klar, dass dann, wenn eine gemietete Wohnung eine Wohnfläche aufweist, welche mehr als 10 % unter der im Mietvertrag angegebenen Fläche liegt, ein Mangel der Mietsache vorliegt, der den Mieter zur Minderung berechtigt. Einer zusätzlichen Darlegung des Mieters, dass infolge der Flächendifferenz die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert ist, bedarf es in diesem Fall nicht (mehr). Dies gilt auch dann, wenn die Wohnfläche im Mietvertrag mit einer „Zirka-Angabe“ bezeichnet ist.

Fraglich ist, wie es sich auswirkt, wenn in dem Mietvertrag keinerlei Angaben über die vermietete Wohnfläche zu finden sind, indes sich in einer Zeitungsannonce eines Maklers oder des Vermieters entsprechende „Zirka-Angaben“ der Wohnfläche befinden. Der Bundesgerichtshof stellte hier in einer Entscheidung vom 23.06.2010 (Az.: VIII ZR 256/09) klar, dass ein Mietmangel dann vorliegt, wenn die tatsächliche Wohnfläche um mehr als 10% unter der im Mietvertrag angegebenen Fläche liegt. Dies gelte auch dann, wenn der Mietvertrag zur Größe der Wohnfläche nur eine „Zirka-Anbabe“ enthält. Voraussetzung hierfür ist aber, dass zwischen den Parteien eine bestimmte Wohnfläche im Sinne einer Beschaffenheitsangabe vereinbart worden sei. Enthält der Mietvertrag keine Angabe kann sich dennoch eine stillschweigende Vereinbarung über die Wohnfläche der Mietwohnung daraus ergeben, dass entsprechende bei Mietvertragsabschluss „begleitende Umstände“ vorlagen. Namentlich stellt der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang darauf ab, dass in einer Zeitungsannonce eines Maklers oder des Vermieters oder bei einer vor Vertragsschluss überreichten „Wohnflächenberechnung“ entsprechende Angaben über die zu vermietende Wohnung enthalten sind, welche bei Abweichung zur Mietminderung berechtigen (vgl. BGH, Urt.v. 23.06.2010, Az.: VIII ZR 256/09).

In der Rechtssprechung sehr umstritten ist schließlich noch die Frage, ob dem Mieter auch dann ein Minderungsrecht zusteht, wenn die Flächenabweichung unter 10% liegt. Teilweise wird angenommen, dass ein Mangel dann vorliegt, wenn der Mieter zusätzlich darlegen und beweisen kann, dass die Tauglichkeit der Räume durch die Flächendifferenz nicht bloß unerheblich gemindert ist. Nachdem der Bundesgerichtshof die Grenze auf 10% festgelegt hat, dürfte bei Abweichung unter diesem Prozentsatz in der Regel nur eine unerhebliche Beeinträchtigung des Mietverhältnisses vorliegen, sodass diesbezügliche Minderungsrechte regelmäßig ausscheiden.

Praxishinweis:
Der Vermieter sollte Angaben zur Fläche seines Mietobjekts in dem Mietvertrag möglichst vermeiden. Dies gilt insbesondere für Vermieter von Dachwohnungen, da hier – noch mehr als sonst – die Flächenberechnung selbst größte Probleme aufwirft und ohne einen Sachverständigen regelmäßig nicht gerichtsfest kokumentiert werden kann. Dem Vermieter ist insoweit zu empfehlen, dass er unter dem Punkt „Individualvereinbarungen des Vertrages“ folgende Formulierung aufnimmt:

„Für die Betriebskostenabrechnung wird eine Wohnfläche mit ca. XY qm vereinbart. Diese Angabe dient wegen möglicher Messfehler nicht zur Festlegung des Mietgegenstandes. Der räumliche Umfang der gemieteten Sache ergibt sich vielmehr aus der Angabe der vermieteten Räume. Es besteht Einigkeit darüber, dass Abweichungen der Fläche zu der hier vereinbarten Fläche nicht zur Mietminderung berechtigen.“

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