Ohne Moos, nichts los ?
Der Bundesgerichtshof hatte sich jüngst mit der Frage zu beschäftigen, ob einem säumigen Wohngeldschuldner der Zutritt zur Eigentümerversammlung verwehrt werden darf und welche Rechtsfolgen dies hat. Der nachfolgende Beitrag fasst die wichtigsten Aspekte dieser Entscheidung zusammen:
Nach dem Gesetz (vgl. §§ 23 Abs. 1, 21 Abs. 3 und Abs. 5 WEG) werden Angelegenheiten, über die nach diesem Gesetz oder nach der Gemeinschaftsordnung die Wohnungseigentümer durch Beschluss entscheiden können, durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Wohnungseigentümer geordnet. Zweck dieser Wohnungseigentümerversammlung ist aber nicht nur die Beschlussfassung, sondern auch die Diskussion. Jeder Wohnungseigentümer hat deshalb nicht nur das Recht, in der Wohnungseigentümerversammlung seine Stimme abzugeben, sondern auch die Befugnis durch Teilnahme an der Diskussion auf die Willensbildung der Wohnungseigentümer Einfluss zu nehmen. Hieraus folgt, dass grundsätzlich jeder Wohnungseigentümer das Recht auf Teilnahme an der Wohnungseigentümerversammlung hat. Dementsprechend sind auch alle Wohnungseigentümer – und zwar auch die, welche im Einzelfall vom Stimmrecht ausgeschlossen sind – zu der Wohnungseigentümerversammlung einzuladen. Der Bundesgerichtshof hatte sich nun mit der Frage zu beschäftigen, welche Rechtsfolgen eintreten, wenn in einer Teilungserklärung das Stimmrecht aufgrund eines Zahlungsverzuges mit Wohngeldzahlungen entzogen wurde. In concreto bestimmte die Teilungserklärung:
„Die Versammlung kann einen Wohnungseigentümer, der mit Zahlungen von Beiträgen länger als einen Monat in Verzug ist, von der Teilnahme an der Eigentümerversammlung und der Abstimmung ausschließen. Der Betroffene hat hierbei kein Stimmrecht. Mit vollständiger Zahlung der Rückstände entfällt die Wirkung obigen Beschlusses.“
Dementsprechend beschloss die Eigentümerversammlung den Entzug des Stimmrechts und den Ausschluss derjenigen Eigentümer von der Versammlung, die mit ihren Hausgeldzahlungen mehr als einen Monat im Verzug waren. Gegen diesen Beschluss wurde die Anfechtungsklage erhoben.
Der Bundesgerichtshof stellte seiner Entscheidung klar, dass die Gestaltungsfreiheit für Gemeinschaftsordnungen dort endet, wo die personenrechtliche Gemeinschaftsstellung der Eigentümer ausgehöhlt wird. Danach verbietet das mitgliedschaftsrechtliche Element des Wohnungseigentums einen allgemeinen Ausschluss der Eigentümers vom Stimmrecht. Erst recht sei ein allgemeiner Ausschluss von Versammlungen der Eigentümer unzulässig, weil dem Mitglied der Eigentümergemeinschaft dadurch nicht nur faktisch sein Stimmrecht genommen, sondern ihm darüber hinaus, die ebenfalls in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte fallende Befugnis abgeschnitten wird, auf die Willensbildung der Gemeinschaft durch Rede und Gegenrede Einfluss zu nehmen.
Während ein Beschluss grundsätzlich dann nicht für ungültig erklärt wird, wenn feststeht, dass sich ein Beschlussmangel nicht auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt hat, ging der Bundesgerichtshof in diesem Fall noch einen Schritt weiter: Dementsprechend judizierte der Bundesgerichtshof, dass der Entzug des Stimmrechts und der Ausschluss von der Versammlung der Eigentümer einen schwerwiegenden Eingriff in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte darstelle, bei dem es nicht darauf ankomme, ob die gefassten Beschlüsse auch bei einer Mitwirkung des (ausgeschlossenen) Mitglied die erforderliche Mehrheit gefunden hätte. Dies mit der Folge, dass ein derartiger Beschluss stets für ungültig zu erklären sei.
Demgegenüber ist jedoch der Ausschluss eines Eigentümers im Einzelfall aus der Versammlung möglich, wenn dieser – trotz Androhung des Ausschlusses – die Versammlung weiterhin stört. Wird ein Eigentümer von der Versammlung ausgeschlossen und stellt sich nachfolgend heraus, dass dieser Ausschluss rechtswidrig war, kommt es für die Frage der Ungültigkeitserklärung des Beschlusses auf die Kausalität des Verstoßes an. Mit anderen Worten, wird ein Beschluss in einem derartigen Fall nur dann aufgehoben, wenn die Stimme des ausgeschlossenen Eigentümer für das Abstimmungsergebnis relevant gewesen wäre. Begründet wird dies damit, dass der Ausschluss eines störenden Eigentümers in einem Einzelfall keinen derart schwerwiegenden Eingriff in den Kernbereich der mitgliedschaftsrechtlichen Rechte darstellt, wie es demgegenüber bei einem grundsätzlichen Ausschluss der Fall wäre. Dies entspricht auch den Erfordernissen der Praxis, da angesichts des Prozess-(Kosten-)Risikos ein Ausschluss in der Praxis kaum mehr durchführbar wäre.
Praxishinweis:
Von dem Ausschließungsrecht sollte nach alledem sehr zurückhaltend und zur Vermeidung von Prozesskostenrisiken auch nur dann gemacht werden, wenn absehbar ist, dass es für die Beschlussfassung nicht auf die Stimme des störenden Eigentümers ankommt
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