Neues zur Versorgungssperre

Neues zur Versorgungssperre

05. März 2011 | Bau- u. Immobilienrecht, Wohnungseigentumsrecht | von Prof. Dr. Ralf Stark

Nicht zahlende Wohnungseigentümer stellen ein großes Ärgernis und eine Belastung der übrigen Miteigentümer dar. Dies gilt um so mehr, wenn – wie leider nicht selten – Zwangsvollstreckungsmaßnahmen fruchtlos verlaufen. In einer derartigen Situation bietet sich für die Eigentümergemeinschaft die Einrichtung einer Versorgungssperre mit Strom, Wasser pp. an. Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über die technischen und rechtlichen Voraussetzungen einer derartigen Versorgungssperre auf der Grundlage der neuesten Entscheidung des Landgericht München vom 08.11.2010 (Az.: 1 S 10608/10).

Kommt ein Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft seiner Verpflichtung zur Zahlung der gemeinschaftlichen Bewirtschaftungskosten (z.B. Wasser, Strom und Wärmeenergie) nicht nach, stellt sich für die übrigen Wohnungseigentümer die Frage, ob sie die Abtrennung von Versorgungsleitungen gegenüber einem säumigen Wohngeldschuldner vornehmen können, weil es keinem Wohnungseigentümern auf Dauer zumutbar ist, für einen anderen Wohnungseigentümer den auf diesen entfallenden Kostenanteil zu übernehmen. Die Versorgungssperre zeichnet sich dadurch aus, dass die betreffende Einheit des säumigen Eigentümers von Wasser, Strom, Gas u.ä Versorgungsleitungen abgetrennt wird. Hierdurch hat die Wohnungseigentümergemeinschaft den Vorteil, dass keine weiteren verbrauchsabhängigen Kosten durch den säumigen Eigentümer anfallen und zudem der (Zahlungs-)Druck auf den säumigen Eigentümer signifikant erhöht wird. Zudem erspart sich die Wohnungseigentümergemeinschaft ein unter Umständen langwieriges gerichtliches Verfahren. Hinsichtlich den Voraussetzungen einer Versorgungssperre ist zwischen den technischen und rechtlichenVoraussetzungen zu differenzieren:

1. Technische Voraussetzungen der Versorgungssperre 

Die Voraussetzung für die Einrichtung einer Versorgungssperre ist zunächst, dass diese technisch umsetzbar ist. Dies ist nicht bzw. nur mit großen Schwierigkeiten möglich, wenn sich die Schalter respektive Absperreinrichtungen in der Wohnung des Wohngeldschuldners befinden. Zwar hat die Eigentümergemeinschaft einen Anspruch gegen den säumigen Eigentümer auf Zutritt zu der Wohnung, indes besteht hier für den Schuldner naturgemäß ohne große Schwierigkeiten die Möglichkeit die Sperrung rückgängig zu machen.

2. Rechtliche Voraussetzungen der Versorgungssperre

a)
Die rechtlich zulässige Unterbrechung von Versorgungsleitungen setzt zunächst einen entsprechenden bestandskräftigen Beschluss der Gemeinschaft und eine vorherige Androhung voraus. Wegen der Schwere eines solchen Eingriffs muss der säumige Wohngeldschuldner zudem in einem „erheblichen Umfang“ mit der Leistung des auf ihn entfallenden Anteils an den Bewirtschaftungskosten in Verzug sein. Als erheblich ist nach Ansicht des Landgericht München nunmehr bereits ein Zahlungsrückstand von sechs Monatsbeiträgen des Hausgeldes ausreichend (LG München, Urteil vom 08.11.2010, Az.: 1 S 10608/10).

Weiterhin müssen die Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft fällig sein und zweifelsfrei bestehen. Die Gemeinschaft kann bereits in der Gemeinschaftsordnung vorsehen, dass bei einem derartigen Rückstand ein Ausschluss von den Versorgungsleistungen geschieht. Liegt eine solche Regelung nicht vor, kann im Wege des Mehrheitsbeschlusses ein solcher Ausschluss von der Gemeinschaft vorgenommen werden. Bei der Beschlussfassung über die Versorgungssperre muss die Gemeinschaft eine Abwägung zwischen den Interessen des Eigentümers und der Gemeinschaft vornehmen. In diesem Zusammenhang wird diskutiert, ob eine Versorgungssperre beispielsweise dann unverhältnismäßig ist, wenn in der Wohnung Kleinkinder leben. Dies ist von Oberlandesgericht Dresden sogar in einem Fall zurückgewiesen worden, wo eine Miteigentümerin mit sieben (!) Kinder in einer Eigentumswohnung lebte. Das Oberlandesgericht Dresden stellte hier klar, dass nicht nur die (kinderreiche) Eigentümerin schützenswerte Interessen habe, sondern auch die Eigentümergemeinschaft, welche ein legitimes Interesse daran habe, ihre titulierte Wohngeldforderung befriedigt zu bekommen.

Da die Versorgungssperre ihren Rechtsgrund darin hat, dass die Eigentümergemeinschaft ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB) für die von ihr geschuldeten Leistungen hat, war die Voraussetzung für einer Versorgungssperre des weiteren, dass die Eigentümergemeinschaft auch tatsächlich die betreffende Leistung erbringt, da nur dann das notwendige Austauschverhältnis gegeben ist. Anders ausgedrückt: Hatte der säumige Wohnungseigentümer selber einen Vertrag mit einem Versorgungsunternehmen geschlossen und wird beispielsweise der Strom oder das Wasser nur durch das Gemeinschaftseigentum durchgeleitet, so war eine Unterbrechung der Versorgungsleistung nicht möglich.

b)
Ist die Versorgungssperre wirksam beschlossen und ausgesprochen worden, kann die Abtrennung von den Versorgungsleistungen erfolgen. Dies gilt nicht nur für eine selbst genutzte Eigentumswohnung, sondern auch für eine vermietete Wohneinheit. Nach erfolgreicher Durchsetzung der Versorgungssperre, kann diese so lange aufrecht erhalten bleiben, bis der säumige Wohngeldschuldner die Rückstände in voller Höhe einschließlich sämtlicher Kosten und Nebenkosten ausgleicht.

Praxishinweis:
Um der mangelnden Zahlungsmoral von Wohngeldschuldnern effektiv entgegenzuwirken, empfiehlt sich, dass die Eigentümergemeinschaft respektive der Verwalter möglichst frühzeitig den säumigen Wohngeldschuldner abmahnt und auf die Möglichkeit der Einrichtung einer Versorgungssperre hinweist. Bleibt die Abmahnung fruchtlos sollte die Versorgungssperre auf der nächsten Eigentümerversammlung beschlossen werden. Ein entsprechender Beschluss könnte wie folgt lauten:

Aufgrund der Säumnis des Eigentümers XY mit fälligen Wohngeldzahlungen in Höhe von derzeit XX Euro zuzüglich Nebenforderung in Höhe von XX Euro, beauftragt die Gemeinschaft den Verwalter die Wohnung des Schuldners ab sofort von der Heiz- und Wasserversorgung abzutrennen.

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