Ordnungsgemäße WEG-Jahresabrechnung – Übersendung sämtlicher Einzelabrechnungen erforderlich ?
Aufgrund der uneinheitlichen Rechtsprechung, insbesondere auch im Oberlandesgerichtsbezirk Köln, besteht bei vielen Verwaltern und Wohnungseigentümern Unsicherheit darüber, welche Unterlagen der Verwalter bei der WEG-Jahresabrechnung zu übersenden hat. Insbesondere bestehen Unsicherheiten darüber, ob der Verwalter zusammen mit der Gesamt-Jahres-Abrechnung sowie der Einzel-Jahres-Abrechnung auch die Einzel-Jahres-Abrechnungen der übrigen Wohnungseigentümer übersenden muss. Der nachfolgende Beitrag gibt hierzu einen Überblick über den derzeitigen Sach- und Streitstand.
Eine ordnungsgemäße Abrechnung bedarf nicht nur einer geordneten Zusammenstellung aller Einnahmen und Ausgaben, sondern auch einer Aufteilung des Gesamtergebnisses auf die einzelnen Eigentümer. Die Jahresabrechnung hat daher eine geordnete Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben unter Beifügung der Belege zu enthalten. Sie muss einer ordnungsgemäßen Buchführung entsprechen. Angaben über Kontostände, Rücklagen (auch Instandhaltungsrücklagen !), Zinsen sowie über Verteilungsschlüssel und Aufteilung des Ergebnisses auf die Wohnungseigentümer hat die Abrechnung ebenfalls zu enthalten. Die Abrechnung muss daher insgesamt verständlich und nachprüfbar sein. Hierzu gehört auch jede Einzelabrechnung, welche die Aufteilung des Gesamtergebnisses auf die jeweiligen Wohnungseigentümer enthält !
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob der Verwalter auch verpflichtet ist dem jeweiligen Eigentümer zudem sämtliche Einzelabrechnungen der anderen Miteigentümer zu übersenden. Dass dies für den Verwalter mit einem exorbitant großen Arbeits- und damit Kostenaufwand verbunden ist, liegt auf der Hand. Hierzu ist Folgendes festzustellen: Die gesamte Abrechnung muss den Eigentümern vor der Versammlung, die diese Abrechnung billigen soll, ausgehändigt werden. Hierzu genügt es nicht, wenn Teile dieser Rechnung lediglich im Verwalterbüro zur Einsichtnahme ausgelegt werden. Auch durch Mehrheitsbeschluss könnte ein Verfahren, dass eine solche Vorgehensweise festlegt, nicht bestimmt werden. Eine derartiger Beschluss wäre anfechtbar (OLG Köln, Beschluss vom 29.03.1995 – 16 Wx 36/95).
Diese Aushändigungspflicht umfasst jedoch nicht die Verpflichtung, den Wohnungseigentümern sämtliche Einzelabrechnungen zu übersenden. Von dieser Pflicht sind nur die Gesamtabrechnung mit allen notwendigen Belegen und die individuelle Einzelabrechnung mit umfasst. Vor der Beschlussfassung, welche die Abrechnung genehmigt, muss jedoch den Eigentümern in zumutbarer Weise die Möglichkeit geboten werden, den Beschlussgegenstand zu prüfen. Wie der Verwalter dies umsetzt, ist grundsätzlich ihm überlassen. Der Verwalter hat hierfür einen „weiten Gestaltungsspielraum“ (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 24.08.2005).
Danach hat der Verwalter zwar die Möglichkeit jedem einzelnen Eigentümern auch die Einzelrechnungen der anderen Eigentümer zukommen zu lassen, zwingend (und vor allem praktikabel und wirtschaftlich) ist dies jedoch nicht. Erforderlich ist nur, dass den Eigentümer vor (und auch während) der Eigentümerversammlung uneingeschränkt und in zumutbarer Weise die Gelegenheit gegeben wird, die Einzelabrechnungen sämtlicher Miteigentümer einzusehen.
Die Offenlegung der Unterlagen hat dabei zeitlich so zu erfolgen, dass zum Zeitpunkt der Versammlung für den einzelnen Eigentümer ausreichend Zeit gewesen ist, alle Rechnungen zu prüfen. Hinzuweisen ist darauf, dass der Verwalter auch während der Eigentümerversammlung die Unterlagen mit sich zu führen und zur Einsicht bereit zu halten hat. Zudem muss der Verwalter die Eigentümer ausdrücklich auf die Möglichkeit zur Einsichtnahme hinweisen. Dies gilt sowohl zum Zeitpunkt der erstmaligen Möglichkeit, als auch später während der Eigentümerversammlung (vgl. OLG Köln Beschluss vom 11.12.2006). Da die Rechtsprechung zu einer eigentümerfreundlichen Auslegung sämtlicher Merkmale tendiert, ist deshalb insbesondere darauf zu achten, dass ausreichend Zeit zur Überprüfung der Rechnungen zur Verfügung gestellt wird und die Einsichtsmöglichkeit zumutbar gestaltet wird, insbesondere keine Erschwernisse die Wahrnehmung der Einsicht einengen.
Das Einsichtsrecht in sämtliche Abrechnungen erlischt nicht nach der Beschlussfassung. Ebenso kann das Einsichtrecht nicht auf die letzten zehn Jahre der Verwaltung beschränkt werden oder von der Darlegung eines besonderen Interesses und/oder einer Gestattung durch Mehrheitsbeschluss abhängig gemacht werden. Die Möglichkeit dies durch Beschluss auszuschließen besteht nicht (OLG Hamm, OLGZ 88,37).
Praxishinweis:
Um die Anfechtbarkeit von Beschlüssen über die Abrechnung zu vermeiden, sollte den Eigentümern so früh wie möglich Gelegenheit gegeben werden, in die gesamten Abrechnungsunterlagen Einsicht zu nehmen. Hierauf sollte in der Versendung der Jahresabrechnung und des Wirtschaftsplans hingewiesen werden. Ebenso sollte der Verwalter die Abrechnungsunterlagen während der Versammlung bereit halten und in der Versammlung nochmals auf die Möglichkeit der Einsichtsnahme in sämtliche Abrechnungen und Abrechnungsunterlagen verweisen.