Erhöhung der Erbschaftssteuer auf Grundvermögen spätestens ab dem 31.12.2008
Besser Schenken als Vererben ? Das Bundesverfassungsgericht hat durch einen soeben veröffentlichen Beschluss weite Teile der Erbschaftssteuer als verfassungswidrig gekippt und den Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 31.12.2008 eine neue Regelung zu schaffen.
In seiner Entscheidung vom 7. November 2006 führt das Gericht aus, dass die Erhebung der Erbschaftssteuer mit einheitlichen Steuersätzen auf den Wert des Erwerbs mit dem Grundgesetz unvereinbar ist, weil sie an Steuerwerte anknüpft, deren Ermittlung bei wesentlichen Gruppen von Vermögensgegenständen (Betriebsvermögen, Grundvermögen, Anteilen an Kapitalgesellschaften und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben) den Anforderungen des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht genügt.
Die Höhe der zu entrichtenden Erbschaftssteuer richtet sich nach dem Wert des steuerpflichtigen Erwerbs. Der Wert des vererbten Vermögens wird entweder nach besonderen Vorschriften des Erbschaftssteuergesetzes berechnet oder richtet sich nach den allgemeinen Regeln des Bewertungsgesetzes. Die zwingende Anwendung der gesetzlichen Regelungen in der jetzigen Form führt zu einer erheblichen Schieflage bei Bewertung des vererbten Vermögens. So erfahren zum Beispiel Betriebsvermögen, Anteile an Kapitalgesellschaften, hierunter fallen allerdings nur solche Anteile, die mehr als 25% des Stamm- bzw. Grundkapitals ausmachen und land- und forstwirtschaftliche Betriebe einen besonderen Freibetrag in Höhe von 225.000,- €. Noch dramatischer wirkt sich der Unterschied beim Ansatz von bebauten Grundstücken aus. Ein zum Beispiel vor dem Krieg errichtetes Wohnhaus in einer Stadt der Größe von Köln wird nach dem Bewertungsgesetz mit dem 7,5-fachen Satz der Jahresrohmiete veranschlagt. Dies führt bei einem Haus mit drei Wohneinheiten letztlich zu einem Wertansatz, der gerade einmal dem Verkehrswert einer Wohnung entspricht. Im Gegensatz hierzu wird bei Bar- und Sparvermögen der tatsächliche Geldwert besteuert. Die Bewertung von Wertpapieren und Anteilen ist mit dem Wert Ihrer Börsennotierung in Ansatz zu bringen. Auch wiederkehrende Leistung, wie zum Beispiel Nießbrauchrechte sind mit dem Jahreswert anzusetzen, der mit einer Jahresanzahl der zukünftigen durchschnittlichen Lebenserwartung zu multiplizieren ist und somit einen steuerrechtlich relevanten Geldwert ergibt, welcher den tatsächlichen Nutzwert angemessen widerspiegelt.
Diese Ungleichbehandlung bei der Besteuerung ist nach Auffassung der Karlsruher Richter verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht führt hierzu in seiner Begründung an: Die erbschaftssteuerlichen Bewertungsvorschriften führen bei wesentlichen Gruppen von Vermögensgegenständen nicht zu dem gemeinen Wert angenäherten Steuerwerten. Sie sind deshalb nicht ausreichend belastungsgleich und folgerichtig ausgestaltet. Diese auf der ersten Ebene der Ermittlung der Bemessungsgrundlage angelegten, gegen den Gleichheitssatz verstoßenden Verwerfungen betreffen eine solche Vielzahl von Fällen und sind so schwerwiegend, dass die Anwendung einheitlicher Steuersätze auf alle Erbschafts- und Schenkungserwerber verfassungswidrig ist.
In Hinblick auf das Bedürfnis nach Rechtssicherheit hat das Bundesverfassungsgericht die jetzige Regelung allerdings für anwendbar erklärt, dem Gesetzgeber jedoch aufgegeben, bis spätestens zum Ablauf des kommenden Jahres 2008 eine Regelung zu finden, welche die Ungleichbehandlung aufhebt.
Praxishinweis:
Der Bund der Steuerzahler hat zwar angemahnt, dass das Urteil nicht zum Anlass genommen werden dürfe, die Steuerzahler einer Mehrbelastung zu unterwerfen. Gleichwohl ist damit zu rechnen, dass in Zukunft die jetzt noch begünstigten Vermögensgegenstände mit ihrem Verkehrswert in Ansatz gebracht werden müssen. Wer über die genannten Vermögenswerte, insbesondere über Grundbesitz und Betriebsvermögen verfügt, sollte unverzüglich prüfen lassen, ob eine Überschreitung der für das gesamte Erbe geltenden Freibeträge für seine Erben zu erwarten ist und ob es nicht ratsam wäre, die derzeit noch geltenden Vorteile durch eine Schenkung, für deren Besteuerung das Erbschaftssteuergesetz ebenfalls gilt, auszunutzen.
Link zum Thema:
Bundesverfassungsgericht, Beschl. v. 07.11.2006, Az.: 1 BvL 10/02